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Freiheit statt Angst . . .

Vergangenen Freitag wurde ja bekanntlich trotz massiver Bedenken von Datenschützern, Bürgerrechtlern und Rechtsexperten das neue Telekommunikationsüberwachungsgesetz (wir berichteten) vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Insgesamt wurden 524 Stimmen abgegeben, davon stimmten 366 Abgeordnete mit Ja, 156 mit Nein und zwei Enthaltungen gab's.

Erstaunlich ist die Tatsache, dass bei einer derart einschneidenden Entscheidung für jeden einzelnen Bundesbürger derart viele Volksvertreter fernblieben: 30 bei der CDU/CSU, 37 bei der SPD, drei bei der FDP, 12 bei den Linken und sechs Grüne. Und da sich auf Antrag der Opposition (die übrigens geschlossen gegen die verwegene Gesetzesvorlage stimmte) keiner der Abgeordneten hinter dem Fraktionszwang verstecken konnte und mit Namen hinter seiner Entscheidung stehen muss, dürfte es interessant sein, die Liste über das Abstimmungsverhalten mal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Tatsächlich haben sage und schreibe vier mutige Konservative dem Druck aus Dr. Wolfgang Schäubles Innenministerium Stand gehalten, namentlich Dr. Hans Georg-Faust, Dr. Peter Gauweiler, Dr. Rolf Koschorrek und Katharina Landgraf mit Nein gestimmt. Und ob die 30 nicht abgegebenen Stimmen der CDU/CSU bloß wegen des verlängerten Wochenendes fernblieben oder ahnten, dass ihr Eintreten für die Totalüberwachung unbescholtener Bürger möglicherweise durch den Bundespräsidenten respektive durch die bevor stehende Klage vor dem Bundesverfassungsgericht zur Lachnummer verkommen bzw. zu nachteiligen Folgen beim Wahlvolk führen könnte. Auch bei der SPD war ein nicht unerheblicher Teil der Volksvertreter vorsichtig. Sieben unerschrockene Parlamentarier hatten sich hier dem Fraktionszwang mit gutem Gewissen widersetzt: Wolfgang Gunkel, Petra Heß, Eike Hovermann, Ulrich Kelber, Frank Schwabe, Sönke Rix und Jörn Thießen. Dazu gab's zwei Enthaltungen und 37 SPDler hatten erst gar nicht ihre Stimme abgegeben.

Bei den anderen ist vielleicht noch interessant, dass von der FDP drei, bei den Linken gleich 12 und bei den Grünen sechs Abgeordnete nicht anwesend waren, um dagegen zu stimmen.

Doch das Gesetz ist noch lange nicht im Sack. Nicht nur, dass Bundespräsident Horst Köhler noch zustimmen muss, jetzt gehts mit der Sammeklage vors Bundesverfassungsgericht!

Hier ist schon mal eine erste Pressemitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung zur Verabschiedung des Gesetzentwurfs:

"Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung verurteilt die heutige Entscheidung der Bundestagsmehrheit, eine verdachtslose Vorratsprotokollierung des Telekommunikationsverhaltens in Deutschland einzuführen, obwohl sie in nahezu allen Bereichen der Gesellschaft abgelehnt wird und gegen die Verfassung verstößt.

SPD, CDU und CSU haben das Vorhaben gegen alle Warnungen und Widerstände durch gepeitscht und nicht einmal die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs abgewartet, die in wenigen Monaten ansteht. Werner Hülsmann, für das
FIfF e.V. im Arbeitskreis Vorratsdatenspeichrung, erklärt hierzu: ,Das Ergebnis der Abstimmung zeigt, dass auch in den Regierungsfraktionen die Einführung der Vorratsdatenspeicherung umstritten ist. Allerdings wird das Gesetz, sofern es der Bundespräsident überhaupt unterzeichnet, vor dem Verfassungsgericht und Europäischen Gerichtshof keinen Bestand haben.'

Das Gesetz erwartet nun die mit ca. 7.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern größte Verfassungsbeschwerde, die dem Bundesverfassungsgericht jemals vorgelegt worden ist. Die Beschwerde wird eingereicht, wenn und sobald das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird. Der Jurist Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung: ,Das Fernmeldegeheimnis wird von den Gerichten wieder hergestellt werden. Dagegen ist die Wählbarkeit von SPD, CDU und CSU für die Generation Internet endgültig verloren gegangen.' padeluun vom
FoeBuD e.V.: ,Wenn das Bundesverfassungsgericht das Gesetz kippt, müssen sich dann alle Abgeordneten, die dafür gestimmt haben, in die Ecke stellen und schämen?'

,Die Vorratsdatenspeicherung und andere Überwachungsprojekte stoßen auf zunehmenden Widerstand in der Bevölkerung', bestätigt der Politikwissenschaftler Ralf Bendrath vom Arbeitskreis. ,Diesmal hat die Koalition noch auf stur geschaltet, aber der Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung wird sich ausweiten zu einer gesellschaftlichen Bewegung für mehr Freiheit und weniger Angst.'

Zur weiteren Arbeit des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der die Proteste der letzten Wochen und Monate koordiniert hat, erklärt Ricardo Cristof Remmert-Fontes: ,Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung wird weiter die Frage stellen, in welcher Gesellschaft wir in Zukunft leben wollen und daran arbeiten, das Bewusstsein für die Grundwerte unserer freien Gesellschaft zu fördern. Wir sind erst am Anfang unserer gemeinsamen Arbeit.' Gegen
die Vorratsdatenspeicherung wird der Arbeitskreis neben der Verfassungsbeschwerde auch auf das Angebot technischer Instrumente und Dienste setzen, die eine weiterhin freie und unbefangene Telekommunikation in Deutschland ermöglichen sollen.

Daneben wird der Arbeitskreis seine Aufklärungsarbeit fortsetzen. So wird ein bundesweites Filmfestival der Aktion Mensch mit Informations- und Diskussionsveranstaltungen begleitet. Das Netzwerk “Freiheitsredner” bietet ehrenamtliche Vorträge zum Thema Privatsphäre an. Auch die Veranstaltung weiterer Demonstrationen und die Fortsetzung der lokalen Aktivitäten in den inzwischen über 50 Ortsgruppen des Arbeitskreises ist geplant.
"

Noch ist also nichts verloren. Fünf-Minuten-Info gefällig?

www.vgm.de

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