Oskars für Datenkraken

Die BigBrotherAwards Deutschland wurden ins Leben gerufen, um die öffentliche Diskussion um Privatsphäre und Datenschutz zu fördern und den möglichen Missbrauch im Umgang mit Technik und Informationen zeigen. Und sie sind international vernetzt. In 14 europäischen Ländern sowie in Japan, Australien und in den USA werden fragwürdige Praktiken mit diesen Oskars des Datenschutzes ausgezeichnet. Die "Auszeichnungen für Datenkraken" wurden gestern auf einer großen Gala im Historischen Saal der Ravensberger Spinnerei in Bielefeld verliehen.

Seit 1998 werden die Awards in verschiedenen Ländern und seit dem Jahr 2000 auch in Deutschland an Firmen, Organisationen und Personen verliehen, die in besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen oder persönliche Daten Dritten zugänglich machen. Der Name ist George Orwells negativer Utopie "1984" entlehnt, in der der Autor bereits Ende der Vierziger die Vision einer totalitären Überwachungsgesellschaft entwarf. Die Preisskulptur, eine von einer Glasscheibe durchtrennte und mit Bleiband gefesselte Figur, wurde von Peter Sommer entworfen. Sie zeigt eine Passage aus Aldous Huxleys "Schöne Neue Welt".
In der Kategorie „Regional“ geht der Preis an die Behörde für Bildung und Sport der Freien und Hansestadt Hamburg für die Einrichtung eines Schülerzentralregisters mit dem (Neben-) Zweck, Ausländer ohne Aufenthaltserlaubnis aufzuspüren. Die Deutsche Bahn AG hat in der Kategorie „Wirtschaft“ abgeräumt, dafür, dass sie systematisch anonymes Reisen mit den Mitteln des faktischen Zwangs unmöglich macht: Beispiele gefällig? Auflösen von Fahrkartenschaltern, Automaten ohne Bargeldannahme, personalisierter Kauf im Internet, Abfrage des Geburtsdatums und Zwangsabgabe eines Bildes bei Bahncards, flächendeckende Videoüberwachung und ein RFID-Chip in der Bahncard 100 ohne Kunden zu informieren.
Und wer hat noch gewonnen? Die Hyatt-Hotelkette (Verbraucherschutz), die PTV Planung Transport Verkehr AG (Technik), Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (Politik), Generalbundesanwältin Monika Harms in der Kategorie "Behörden und Verwaltung“. Den BigBrotherAward hat sie sich verdient für systematische Briefkontrollen in Hamburg und die Anordnung, bei Gipfelgegnern Körpergeruchsproben aufzunehmen und zu konservieren. Professorin Harms hat übrigens auch den Publikumspreis für ihre Antiterror-Maßnahmen gegen Gegner des G8-Gipfels im Mai 2007 eingeheimst. Herzlichen Glückwunsch.
Orantes - 13. Okt, 16:13